Licht und Farben unter Wasser

Farbabsorption Unterwasser: Wortwörtlich eintauchen in eine neue Farbwelt

Alles ist Physik – so auch das Licht und alles, was mit der menschlichen Wahrnehmung desselben zu tun hat. Zuständig dafür ist die Optik; ein teils recht spezielles Gebiet, da es anfangs nicht unbedingt intuitiv wirkt, im Endeffekt aber sehr leicht verständlich ist. Die dort auftauchenden Phänomene dürften jedem Menschen ein Begriff sein, der sich schon einmal mit einer Taucherbrille Unterwasser umgesehen hat. Taucher und Unterwasserfotografen wissen, was damit gemeint ist: die Farben. Rot etwa, normalerweise als kräftigste und auffälligste Farbe bekannt, verblasst im Wasser mit zunehmender Tauchtiefe immer mehr, bis es praktisch nicht mehr sichtbar ist. Das ist erstaunlich, aber keineswegs unerklärlich, auch wenn die Ursache im kaum greifbaren Bereich liegt.



Wellenlänge als zentraler Punkt

Licht wird in Form elektromagnetischer Wellen von einer Quelle emittiert. Dieses Prinzip ist immer gleich, unabhängig von der Quelle. Ob es sich also um Energiesparlampe, Kerze oder die Sonne selbst handelt, spielt keine Rolle. Nun verfügt jede elektromagnetische Welle über zwei physikalische Maße: die Wellenlänge und die Frequenz. Die Wellenlänge beschreibt, welchen Weg die Welle pro Schwingung zurücklegt, während die Frequenz für die Zahl der Schwingungen pro Sekunde steht. Für das menschliche Auge ist vor allem der sichtbare Bereich des Farbspektrums interessant. Dieser hängt von den Wellenlängen ab. Die sichtbaren Farben beginnen mit Violett (etwa 420 Nanometer Wellenlänge) und finden ihre obere Grenze bei Rot (beinahe 800 Nanometer Wellenlänge). Für Taucher und Unterwasserfotografen bedarf es allerdings noch ein wenig Zusatzwissen, da unterhalb der Wasseroberfläche auch in Sachen Farbspektrum eigene Regeln gelten.

Die Stufen der Absorption

Sobald Lichtstrahlen auf die Wasseroberfläche treffen, werden sie gebrochen und verlieren an Geschwindigkeit. Teile der kinetischen Energie („Energie bei Bewegung“) werden dabei in Wärme umgewandelt. Doch das Diffundieren der Wellenenergie wäre an diesem Punkt noch zu weit vorgegriffen – zunächst nämlich zurück zu den Farben. Unterwasser werden große Wellenlängen zuerst absorbiert; von den sichtbaren Farben schwindet Rot also am schnellsten dahin. Das geschieht schon bei einer Tiefe von etwa fünf Metern, wobei hier auch der Einfallswinkel eine Rolle spielt. Leichte Abweichungen sind je nach Tageszeit völlig normal. So auch bei der Absorption der anderen Farben: Orange bei 10 bis 15 Metern Tiefe, Gelb bei etwa 30 Metern, Grün erst bei 50 Metern (also der Tiefengrenze für Sporttaucher) und Blau weitere 10 Meter tiefer. Das erklärt auch, warum viele Unterwasserfotos aus niedrigen Tiefen einen charakteristischen Grün- oder Blaustich aufweisen – die anderen Farben werden aufgrund ihrer größeren Wellenlänge nämlich viel früher herausgefiltert.

Absorption des Farbspektrums unterwasser

Unterwasser – Absorption des Farbspektrums

Die Folgen der Extinktion

Farben entstehen grundsätzlich immer aus weißem Licht, dessen Wellenlängenspektrum vom Trägermedium (also Luft, Wasser oder andere Substanzen) derart modifiziert wird, dass exakt ein sichtbarer Bereich übrig bleibt. Durch das Herausfiltern bestimmter Wellenlängen verliert die Welle auch an Energie. Da Energie wiederum Wärme bedeutet, ist es nur logisch, dass es mit zunehmender Tauchtiefe immer kühler wird. Die Dunkelheit in tiefen Bereichen wurde ja bereits mit der Absorption heller, leuchtstarker Farben begründet. Die Absorptionsstufen (auch Extinktion, also Auslöschung genannt) erklären somit, warum sich Unterwasserkameras von ihren „an Land lebenden“ Verwandten unterscheiden. Abhilfe schaffen starke Tauchlampen und Kamerablitze. Diese gleichen den Verlust der Wellenlängenanteile nämlich wieder aus, und Fotos mit lebensechten Farben steht nichts im Wege.
Übrigens: Die Farbabsorption ist nicht das einzige optische Phänomen, das Taucher, Schnorchler und Fotografen Unterwasser erwartet. Auch Größen und Distanzen werden anders als an der freien Luft wahrgenommen. Da Wasser als Transportmedium für elektromagnetische Wellen eine andere Brechzahl als Luft hat, wirken sämtliche Objekte etwa 25 Prozent näher und über 30 Prozent größer. Zusammen mit der einzigartigen Farbwirkung basieren Fotos (und Ausblicke durch die Tauchbrille) im Wasser somit auf mehreren Faktoren, die jeweils für einzigartige Impressionen sorgen – und in der Summe umso mehr.